„Bei der Revision der Ga-Bibel in Abokobi“, so lautet der Titel dieses Bildes, das zwischen 1900 und 1902 aufgenommen wurde. Es zeigt fünf Männer an einem Tisch in einer Studierstube in der Stadt Abokobi an der Goldküste (heute Ghana). Es handelt sich um die drei einheimischen Pfarrer Carl Christian Reindorf, Ludwig Richter und einen Mr. Saba, sowie um die Basler Missionare Christian Kölle und Jakob Wilhelm Wertz. Der Tisch ist voll mit Büchern.
Es fällt auf, dass die drei Einheimischen eleganter gekleidet sind als die Europäer. In Darstellungen über die Geschichte der Basler Mission wird immer wieder hervorgehoben, dass die Missionare die einheimischen Sprachen lernen mussten. Ehrfürchtig sehen wir heute die daraus entstandenen Übersetzungen der Bibeln in die Sprachen Ga, Twi oder Duala mit allen Vorarbeiten, Entwürfen und Notizen. Trotzdem ist es fast unvorstellbar, welche Leistungen die Missionare zusammen mit Einheimischen erbringen mussten, um diese Werke zu schaffen.
Das Ringen um Begriffe und Formulierungen
Weder Struktur noch Grammatik der lokalen Sprachen waren den ersten Missionaren bekannt, als sie in Afrika ankamen. Oft gab es keine geschriebenen Wörter – wer sie aufzeichnen wollte, musste feststellen, dass die in Europa verwendeten Buchstaben nicht ausreichten, um alle Laute festzuhalten. Bevor an eine Übersetzung der Bibel gedacht werden konnte, mussten die Missionare zuhören, Wörter und Wendungen verstehen. So entstanden die ersten Wörterbücher und Grammatiken. Mit dem Erlernen der Sprache war es jedoch noch nicht getan. Bei der Übersetzung der Bibel ging es auch darum, in die Begriffswelt der Einheimischen einzutauchen: Wie übersetzt man „Gott“ für ein Volk, bei dem es ein ganzes System von Göttern und Untergöttern gibt? Wie stellt man den Teufel dar? Wie geht man mit Ritualen um, die in Afrika eine ganz andere Bedeutung haben als in der Bibel dargestellt? Übersetzung bedeutete nicht einfach die Übertragung des Textes von einer Sprache in eine andere, sondern der Inhalt musste im im wahrsten Sinne des Wortes übersetzt werden. All diese Schritte verbergen sich hinter diesem Bild. Man kann sich lebhaft vorstellen, wie um einzelne Begriffe und Formulierungen gerungen wurde. Das Bild zeigt, wie Einheimische und Europäer auf Augenhöhe zusammen arbeiteten. Alle Beteiligten brachten ihr Wissen und ihre Erfahrungen ein, um ein gemeinsames Werk zu schaffen.
Text: Patrick Moser, Archivar bei Mission 21
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