Jannet Villanueva
Koordinatorin Lateinamerika (Bolivien und Peru)
Projektnummer: 400.1020
Lateinamerika wird in religiöser Hinsicht immer pluralistischer. Gleichzeitig nehmen politisch-religiös gefärbte Fundamentalismen, die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit untergraben, in besorgniserregender Weise zu. Diese konservativ religiösen Gruppierungen sind im politischen Parteiensystem von verschiedenen Nationalstaaten gut verankert und stehen in engem Dialog mit den konservativen Medien und wirtschaftlichen und politischen Eliten. Sie verbreiten oft Botschaften, die sich gegen die Rechte von Frauen insbesondere im Bereich der reproduktiven Gesundheit richten. Ebenso diskriminieren sie indigene Bevölkerungsgruppen und LGTBQI-Menschen und verhindern effektive Massnahmen gegen den Klimawandel.
Vor diesem Hintergrund hat die Aus- und Weiterbildung im theologischen Bereich an Bedeutung gewonnen, da auch konservative kirchliche Kreise fundamentalistische Botschaften verbreiten. In diesem zunehmend feindlichen Klima der Ausgrenzung und Intoleranz engagieren sich die Partnerorganisationen von Mission 21 in Lateinamerika für eine fundierte theologische Aus- und Weiterbildung, welche die Teilnehmenden dazu befähigt, in Gesellschaft und Kirche Verantwortung zu übernehmen. Sie setzen sich für die gesellschaftliche Inklusion von Andersdenkenden und von ethnischen und sozialen Minderheiten ein und vermitteln den dringenden Handlungsbedarf in Sachen Umweltgerechtigkeit.
Dieses Projekt fokussiert ab 1. Januar 2025 die Aktivitäten auf Costa Rica und Peru. Die Kooperation mit unseren Partnerorganisationen in Chile wurde beendet, aufgrund notwendiger stärkerer Fokussierung der Programmarbeit.
Die Lateinamerikanische Bibeluniversität (UBL) ist eine theologische Hochschule in San José, Costa Rica. Die UBL fördert in ihrer Bildungsarbeit die Sensibilität für Gendergerechtigkeit, Umweltthemen und alternative Wirtschaftsmodelle, die sich am «Guten Leben» für alle orientieren. Ihre Grundsätze sind ökumenische Offenheit, ganzheitliche Spiritualität, Engagement für den Frieden und eine besondere Sensibilität gegenüber der ethnischen Vielfalt Lateinamerikas. Der kontextuellen Theologie verpflichtet hat die UBL vor zwei Jahren beschlossen, «das planetare Leben» zu einem neuen Schlüsselaspekt von Lehre, Forschung und Gemeinschaftsleben zu machen. Dafür hat die UBL 2020 die Zertifizierung als Green Seminary erhalten. Das Bildungsangebot der UBL steht allen offen und richtet sich an Menschen in ganz Lateinamerika. Der Dokumentarfilm zum Anlass des 100-Jahr Jubiläum im Jahr 2023 gibt Einblick in das befreiungstheologische Profil der Institution, die sich der Gerechtigkeit verpflichtet weiss.
Das Ökumenische Ausbildungszentrum «Departamento Ecuménico de Investigaciones» (DEI) in San José, Costa Rica, arbeitet in den Bereichen Bildung und in der Begleitung von Verteidiger*innen der Menschenrechte. Ausgangspunkt ist die Überzeugung, dass Theologie mit anderen Wissensbereichen im Austausch stehen muss. In den Seminaren geht es um interdisziplinäre Fragestellungen aus Theologie, Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialwissenschaften. Das DEI inspiriert sich aus den lateinamerikanischen Befreiungstheologien und setzt sich mit ihrem Schutzzentrum «Casa DEI» für den Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen ein.
Die «Asociación Educativa Teológica Evangélica» (AETE) ist eine Ausbildungsstätte für evangelisch-ökumenische Theologie mit Sitz in Lima, Peru. Sie bildet sowohl hauptamtliche Pfarrpersonen als auch ehrenamtlich Tätige und religiös Interessierte für das kirchliche und soziale Engagement aus. Vermittelt wird unter anderem die Fähigkeit, Veränderungsprozesse im jeweiligen Umfeld in Gang zu setzen. AETE wurde von evangelischen Kirchen aus dem ökumenischen Umfeld zuerst als peruanische Zweigstelle der UBL in Costa Rica gegründet. Seit 2012 funktioniert sie unabhängig von der UBL.
Das theologische Institut «Seminario Andino San Pablo» (SASP) bietet eine theologische Grundausbildung sowie eine universitäre theologische Ausbildung an. Die universitäre Ausbildung richtet sich an künftige Pastorinnen und Pastoren und findet in Zusammenarbeit mit der UBL in Costa Rica statt. Das SASP hat seinen Sitz in der Stadt Huancayo in den peruanischen Zentralanden. Ein Schwerpunkt des SASP ist die Förderung von Frauen und des interkulturellen Dialoges. Dafür führt das Institut Theologiekurse in Gemeinden des nahegelegenen Regenwaldes, sowie in den Zentralanden (Cerro de Pasco und Huanuco) und Südanden (Puno, Apurimac) durch.
Im lateinamerikanischen Kontext leisten theologische Bildungseinrichtungen, die sich für eine kontextuelle befreiungstheologische Lehre und Forschung einsetzen, einen wichtigen Beitrag zu sozialer Inklusion von sozial marginalisierten und vulnerablen Bevölkerungsgruppen (SDGs 10.2 und 16.7). Ziel ist es, dass den Studierenden eine fundierte theologische Aus- und Weiterbildung vermittelt wird, die sie dazu befähigt, in Gesellschaft und Kirche Verantwortung zu übernehmen. Wichtige Querschnittthemen während der Ausbildung sind Ökumene, Interkulturalität, Umwelt- und Gendergerechtigkeit. Die Einrichtungen fördern insbesondere die Aus- und Weiterbildung von Frauen. Diese sind nach wie vor in Leitungspositionen untervertreten und werden unter anderem durch eine frauenfeindliche Auslegung der Bibel diskriminiert.
Die Bildungsangebote unserer Partner stehen allen Menschen offen, die an einem theologischen Aus- oder Weiterbildungsprogramm interessiert sind.
Das Schutzzentrum «Casa DEI» richtet sich an bedrohte Menschrechtsverteidiger*innen aus ganz Lateinamerika und der Karibik.
Die höhere akademische Ausbildung richtet sich an angehende Pfarrer*innen, Leitende kirchlicher Organisationen sowie an Fachleute, die sich für Theologie oder christlicher Religionspädagogik interessieren. Um den Kreis von potenziellen Theologiestudierenden auszudehnen, haben unsere Partner ihr bereits bestehendes virtuelles Studienprogramm ausgebaut, so dass Studierende aus ganz Lateinamerika und der Karibik teilnehmen können.
Die niederschwelligen Angebote (Kurse, Workshops) richten sich an Mitglieder von Gemeinden und sozialen Bewegungen sowie an Theolog*innen und Animator*innen. Dazu gehören auch besonders vulnerable Bevölkerungsgruppen wie Frauen, Jugendliche, Indigene oder Afroamerikaner*innen. Diese Menschen haben nur einen eingeschränkten Zugang zu Bildungsangeboten. Sie erfahren Diskriminierung und Ausgrenzung aufgrund von Armut, ihrem Engagement im Bereich Umwelt und Menschenrechte, ihrer ethnischen und sozialen Merkmale oder ihrer sexuellen Orientierung. Die Kurse stärken ihre Partizipationsmöglichkeit in Kirche und Gesellschaft und fördern ein selbstbestimmtes Leben.
Unsere Partnerorganisationen setzen in ihren Projekten folgende Aktivitäten um:
Die UBL bietet ein umfassendes virtuelles Theologiestudium mit einem staatlich anerkannten Abschluss (Lizentiat in Bibelwissenschaften oder Theologie) für Studierende aus ganz Lateinamerika an. Eine Vertiefung mit Master zu Religion, Gender und Diversität oder zu Theologie und Interkulturalität in Zusammenarbeit mit der Nationalen Universität UNA ist möglich.
Das DEI organisiert jährlich einen vierwöchigen Intensivkurs zu einem aktuellen sozialpolitischen Thema. Dieser bietet den Teilnehmenden die Möglichkeit, Mechanismen von Gewalt, Diskriminierung und Ausbeutung von Mensch und Umwelt in Lateinamerika zu analysieren und daraus Impulse für das eigene Engagement abzuleiten. Darüber hinaus führt das DEI ein Schutzprogramm für bedrohte Menschrechtsverteidiger*innen, die «Casa DEI» Das Programm umfasst neben Unterkunft, Verpflegung und psychosozialer Begleitung auch Weiterbildungskurse zur Stärkung der Resilienz und die Klärung von Zukunftsperspektiven.
AETE fördert mit einem niederschwelligen Kursangebot für Frauen aus lokalen meist konservativen Kirchgemeinden in Lima, Chiclayo und Cajamarca deren Selbstbestimmung und Leitungskompetenz. Ein wichtiger Inhalt der Kurse ist die Prävention von geschlechtsspezifischer Gewalt. Dazu setzt AETE bewusst auf Workshopleitende, die mit dem religiös-kirchlichen Kontext vertraut sind und von Pfarrpersonen respektiert werden. AETE leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Prävention und Enttabuisierung von Gewalt gegen Frauen in Kirchen und vermittelt bei Bedarf auch professionelle Hilfe für von Gewalt Betroffene. AETE bietet ausserdem einen Diplomkurs zu lateinamerikanischer Theologie und Seelsorge sowie Weiterbildungskurse an.
Das SASP ist eng verknüpft mit der UBL und ermöglicht Studierenden ein Grundstudium in Bibel und Theologie und einen Diplomkurs, der sich primär an kirchlich engagierte Frauen richtet. Dabei achtet das SASP besonders auf die pädagogische Vermittlung und Begleitung von Teilnehmenden, da diese oft aus sehr konservativen Kirchen kommen. Besonders interessierte Studierende können dank einer Vereinbarung mit der UBL das Studium fortsetzen und einen staatlich anerkannten Titel erlangen.
Im 2024 haben insgesamt 994 Personen an den theologischen Bildungsprogrammen einschliesslich der Workshops zur Prävention geschlechtsspezifischer Gewalt unserer fünf Partnerorganisationen in Costa Rica, Peru und Chile teilgenommen. Bei den spezifisch theologischen Angeboten waren insgesamt 799 Personen beteiligt, davon 448 Frauen, 343 Männer und 8 Personen mit anderer Geschlechtsidentität. Dies entspricht einem Frauenanteil von 56%. Die wichtigsten Aktivitäten waren die Durchführung von theologischen Hochschulprogrammen, niederschwellige theologische Kurse und die Produktion und Veröffentlichung von Lehrmaterial, Podcasts (34 Episoden) und Publikationen (9 Zeitschriften und 2 Bücher) zu theologischen und sozialen Themen. Im Rahmen der Hochschulprogramme wurden insgesamt 144 Kurse auf Bachelor-, Lizentiats- und Masterniveau angeboten. Alle diese Studiengänge beinhalteten spezifische Kurse in Theologie und Gender und bezogen Klimagerechtigkeit und Gendergerechtigkeit als Querschnittsthemen ein. Die Kurse wurden meist virtuell abgehalten und erreichten Studierende aus verschiedenen christlichen Konfessionen und Ländern in Lateinamerika und der Karibik. Die weiteren theologischen Kurse und Workshops wurden zumeist vor Ort durchgeführt und umfassten 123 Schulungen. AETE, SASP und CTE boten beispielsweise Diplomkurse mit dem Schwerpunkt auf der Stärkung der Führungsrolle von Frauen und Jugendlichen in den Kirchen an, einschließlich Workshops zur Prävention von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt in benachteiligten städtischen und ländlichen Regionen in Peru und Chile.
Costa Rica:
UBL
104 Frauen und 123 Männer haben an den Studiengängen der UBL teilgenommen. Neben den 44 akademischen Kursen sensibilisierte die UBL die Teilnehmenden auch über zahlreiche Workshops, öffentliche Seminare, Publikationen und Podcasts zu Umweltthemen, geschlechtsspezifischer Gewalt, LGTBQI+ und Migration. 88% der Frauen und 89% der Männer berichten, dass sie sich gezielter für soziale und pastorale Herausforderungen in ihren Kirchgemeinden, christlich geprägten Bildungseinrichtungen und Organisationen einsetzen können. Die Studienabgänger*innen haben als Multiplikator*innen gewirkt. Sie erzählen, dass sie das erworbene bibeltheologisches Wissen besser mit den konkreten Realitäten verknüpfen können und so kleine Veränderungsprozess in ihren Gemeinden vorantreiben können. Erfreulich ist auch, dass im agroökologischen Gemeinschaftsgarten der UBL nun schon der zweite PEP-Einsatz von Mission 21 in Folge von einer jungen Fachperson im Bereich Agronomie geleistet werden konnte und im April 2025 bereits eine nächste Fachperson ausreist.
DEI
54 Frauen, 38 Männer und 8 weitere Personen mit anderer Geschlechtsidentität haben am Kursprogramm von DEI teilgenommen. Zum ersten Mal seit der Pandemie konnten die beiden Seminar zu Autoritarismus und Demokratie in Lateinamerika und das Seminar zu einer ähnlichen Thematik mit einem biblischen Fokus wieder als Präsenzkurse durchgeführt werden mit Teilnehmenden aus 16 lateinamerikanischen Ländern. Das zusehends religiös-konservative bis hin zu fundamentalistischem Umfeld hat das DEI dazu bewogen einen Podcast über Religion und Menschenrechte zu lancieren. Im 2024 erhielt Diálogos impensados (Undenkbare Dialoge) 868 Aufrufe. Die Zahl der Hörer*innen auf Spotify stieg um 38 % und die Zahl der Follower auf anderen Plattformen um 18 %. Sie kommen aus 11 Ländern.
Die Teilnehmenden erzählen, dass das Zusammenleben mit Menschen unterschiedlichster Herkunft im DEI während der Seminare eine wichtige Lernerfahrung für sie war. Sie können sich nun besser ausdrücken, erleben eine bessere Beziehung zu ihrem Körper (Selbstfürsorge) und biblische Texte haben sich ihnen neu erschlossen dank einer kritischen und befreienden Hermeneutik. Sie gaben an, dass sie sich besser ausgebildet und befähigt fühlten, sich den Herausforderungen in ihrem Wirkungsbereich zu stellen.
Peru:
AETE
43 Frauen, 62 Männer haben an den theologischen Kursprogrammen teilgenommen. Zudem führte AETE spezifische Aktivitäten zur Prävention von geschlechtsspezifischer Gewalt in Kirchgemeinden in von Armut betroffenen Quartieren der Hauptstadt Lima, Cajamarca und Lambayeque durch. Daran nahmen 33 Mädchen, 23 Jungen, 11 Männer und 128 Frauen teil.
Am Ende der Diplomkurse «Neue Modelle der Jugendpastoral und politischem Engagement im Kontext von Gewalt» haben die Teilnehmende ihr erworbenes Wissen in Workshops in ihrem Umfeld weitergegeben und dadurch weitere 230 Personen erreicht. Die Jugendlichen erzählen, dass sie durch die Kurse ermutigt wurden ihre bisher apolitische Haltung zu hinterfragen und sich nun beispielsweise den Aktionen angeschlossenen haben, welche Gerechtigkeit fordern für die Menschen und deren Angehörigen, welche während den sozialen Protesten Anfang 2023 ermordet oder verletzt wurden.
SASP
115 Frauen und 60 Männer haben an den theologischen Kurprogrammen teilgenommen. Diese hohe Beteiligung von Frauen verschiedener Konfessionen ist im kirchlich konservativ geprägten Hochland Perus ein Erfolg und ist ein Hinweis, dass Frauen ermutigt werden, sich in ihren Gemeinden aktiv einzubringen. Teilnehmer*innen berichten, dass sie aktiv an Seelsorgeaufgaben beteiligt sind.
Chile:
CTE
132 Frauen und 60 Männer haben an Theologiekursen und Workshops der CTE in Chile teilgenommen, was eine hohe Beteiligung darstellt. Insgesamt wurden 66 Kurse im Bachelor und Lizenziat Studiengang durchgeführt. Veranstaltungen wie ein zweitägiger Workshop, welcher sich an evangelische Frauen mit Leitungsverantwortung oder auch ein Zertifikatskurs zu feministischer Theologie führte dazu, dass eine höhere Anzahl Frauen erreicht wurde. Wegen einer stärkeren Fokussierung der Programmarbeit von Mission 21 wurde die Zusammenarbeit mit den Partnerorganisationen in Chile per Ende 2024 beendet.
Sehen Sie hier den Film zum Jubiläum des 100-jährigen Bestehens unserer Partnerorganisation UBL
Zum Podcast «Stimmen der Hoffnung», Folge «Casa DEI – wir schützen Menschen, die unsere Rechte verteidigen»
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