Jannet Villanueva
Koordinatorin Lateinamerika (Bolivien und Peru)
Projektnummer: 400.1020
Lateinamerika wird in religiöser Hinsicht immer pluralistischer. Gleichzeitig nehmen politisch-religiös gefärbte Fundamentalismen, welche Demokratie und Rechtsstaatlichkeit untergraben, in besorgniserregender Weise zu. Diese konservativ religiösen Gruppierungen sind im politischen Parteiensystem von verschiedenen Nationalstaaten gut verankert und stehen in engem Dialog mit den konservativen Medien und wirtschaftlichen und politischen Eliten. Sie verbreiten oft Botschaften, die sich politisch und kulturell stark gegen jeden Fortschritt bei den Menschenrechten für Frauen und die LGBTIQ-Bevölkerung sowie gegen soziale Initiativen richten, die für soziale und ökologische Gerechtigkeit (mehr Regulierung und Wiedergutmachung von Schäden) eintreten und Sofortmaßnahmen gegen den Klimawandel fordern. Vor diesem Hintergrund hat die Aus- und Weiterbildung im theologischen Bereich an Bedeutung gewonnen. In einem zunehmend feindlichen Klima der Ausgrenzung und Intoleranz engagieren sich die theologischen Partnerorganisationen von Mission 21 mit ihren verschiedenen Bildungsangeboten für die gesellschaftliche Inklusion von Andersdenkenden und von ethnischen und sozialen Minderheiten und für den dringenden Handlungsbedarf in Sachen Umweltgerechtigkeit. Mit ihrem reflektierenden und differenzierenden Zugang zu Theologie und Religion sind die UBL, DEI, CTE, AETE und SASP dazu qualifiziert, an der Thematik der zunehmenden Fundamentalismen in ganz Lateinamerika zu arbeiten und sich für Diversität und Gerechtigkeit in Gesellschaft und Kirche einzusetzen. Ein Studium an der UBL, DEI, CTE, AETE oder SASP bietet vielen jungen Menschen die Möglichkeit, ihr theologisches Wissen zu vertiefen und sich kritisch mit theologischen und gesellschaftlichen Themen auseinanderzusetzen. Während sich das akademische Angebot unserer Partner an Interessierte richtet, welche einen formellen Titel erlangen können, richten sich niederschwellige Bildungsangebote an ein breites Spektrum lateinamerikanischer sozialer und kirchlicher Basisbewegungen. Ziel dieser Angebote ist es, Leitungspersonen, die in den Bereichen Umwelt, Menschrechte und Gendergerechtigkeit engagiert sind, aus- und weiterzubilden sowie miteinander zu vernetzen.
Die Lateinamerikanische Bibeluniversität (UBL) ist eine theologische Hochschule in San José, Costa Rica. Die UBL fördert in ihrer Bildungsarbeit die Sensibilität für Gendergerechtigkeit, Umweltthemen und alternative Wirtschaftsmodelle, die sich am «Guten Leben» für alle orientieren. Ihre Grundsätze sind ökumenische Offenheit, ganzheitliche Spiritualität, Engagement für den Frieden und eine besondere Sensibilität gegenüber der ethnischen Vielfalt Lateinamerikas. Der kontextuellen Theologie verpflichtet hat die UBL vor zwei Jahren beschlossen, „das planetare Leben“ zu einem neuen Schlüsselaspekt der Lehre, Forschung und des Gemeinschaftslebens zu machen. Dafür hat die UBL 2020 die Zertifizierung als Green Seminary erhalten. Das Bildungsangebot der UBL steht allen offen und richtet sich an Menschen in ganz Lateinamerika. Der Dokumentarfilm zum Anlass des 100-Jahr Jubiläum in 2023 gibt Einblick in das befreiungstheologische Profil der Institution, die sich der Gerechtigkeit verpflichtet weiss.
Die Evangelisch-Theologische Gemeinschaft in Chile (CTE) mit einer Trägerschaft von acht Kirchen bietet als einzige evangelische Ausbildungsstätte in Chile eine theologische Aus- und Weiterbildung auf akademischem Niveau an. Diese richtet sich in erster Linie an Personen aus den verschiedenen evangelischen Kirchen in Chile und ist ganzheitlich und offen für die Diversität der christlichen Traditionen.
In den verschiedenen Ausbildungsprogrammen bereitet die CTE die Teilnehmenden auf ihre zukünftige Tätigkeit in Kirche und Gesellschaft vor und legt besonderen Wert auf ein sozial-kritisches Bildungsangebot, das sich für gesellschaftliche Inklusion von Andersdenkenden und Minderheiten einsetzt und einer fundamentalistischen Bibellektüre entgegenwirkt, die u.a. stereotype Rollenmuster der Geschlechter zementiert und antidemokratische Staats- und Gesellschaftsstrukturen fördern will.
Die «Asociación Educativa Teológica Evangélica» (AETE) ist eine Ausbildungsstätte für evangelisch-ökumenische Theologie in Peru. Sie bildet sowohl hauptamtliche Pfarrpersonen als auch ehrenamtlich Tätige und religiös Interessierte für das kirchliche und soziale Engagement aus. Vermittelt wird unter anderem die Fähigkeit, Veränderungsprozesse im jeweiligen Umfeld in Gang zu setzen. AETE wurde von evangelischen Kirchen aus dem ökumenischen Umfeld zuerst als peruanische Zweigstelle der UBL in Costa Rica gegründet. Seit 2012 funktioniert sie unabhängig von der UBL.
Das theologische Institut «Seminario Andino San Pablo» (SASP) bietet eine theologische Grundausbildung sowie eine universitäre theologische Ausbildung an. Die universitäre Ausbildung richtet sich an künftige Pastorinnen und Pastoren und findet in Zusammenarbeit mit der UBL in Costa Rica statt. Das SASP hat seinen Sitz in der Stadt Huancayo in den peruanischen Zentralanden. Ein Schwerpunkt des SASP ist die Förderung von Frauen und des interkulturellen Dialoges. Dafür führt das Institut Theologiekurse in Gemeinden des nahegelegenen Regenwaldes, sowie in den Zentral- (Cerro de Pasco und Huanuco) und Südanden (Puno, Apurimac) durch.
Das Ökumenische Ausbildungszentrum «Departamento Ecuménico de Investigaciones» (DEI) in San José, Costa Rica arbeitet in den Bereichen Bildung und in der Begleitung von Menschenrechtsverteidiger*innen. Ausgangspunkt ist die Überzeugung, dass Theologie mit anderen Wissensbereichen im Austausch stehen muss. In den Seminaren geht es um interdisziplinäre Fragestellungen aus Theologie, Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialwissenschaften. Das DEI inspiriert sich aus den lateinamerikanischen Befreiungstheologien und setzt sich für den Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen ein.
Die Partner UBL, DEI, CTE, AETE, SASP tragen mit ihren Aktivitäten im Bereich Bildung für den sozialen Wandel zur Agenda 2030 bei. Insbesondere arbeiten die Partner an der Inklusion von sozial marginalisierten und vulnerablen Bevölkerungsgruppen (SDGs 10.2 und 16.7). Die Teilnehmenden an theologischen Bildungsprogrammen eignen sich ökumenische Grundlagen an, die ihnen erlauben sich kritisch mit Themen des Glaubens, der Gesellschaft und ihrer Beziehung zur Umwelt auseinander zu setzen. Dies soll ihnen nach dem Studium den beruflichen Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung und Vielfalt erlauben.
Die Bildungsangebote unserer Partner UBL, DEI, CTE, AETE und SASP stehen allen Menschen offen, die an einem theologischen Aus- oder Weiterbildungsprogramm interessiert sind.
Zielgruppe akademische Bildungsangebote
Die akademischen Studienprogramme von UBL, CTE, AETE und SASP richten sich an Pfarrer*innen und Gemeindeleitende. Dazu kommen Laien und Leitende kirchlicher Organisationen sowie Fachleute, die an Theologie oder christlicher Religionspädagogik interessiert sind. Über die Studierenden kommt die Bildungsarbeit den verschiedenen Kirchen in einer grossen Anzahl von Ländern Lateinamerikas zugute. Um den Kreis von potenziellen Theologiestudierenden auszudehnen, haben unsere Partner im Rahmen der Pandemie ihr bereits bestehendes virtuelles Studienprogramm ausgebaut, so dass sogar noch mehr Studierende an den Ausbildungsprogrammen teilnehmen als vor der Pandemie.
Zielgruppe niederschwellige Bildungsangebote
Alle Partner bieten auch niederschwellige Bildungsangebote und Kurse an. Diese richten sich an sozial engagierte Mitglieder von Gemeinden und von sozialen und kirchlichen Bewegungen Lateinamerikas, an Theolog*innen und Animator*innen. Dazu gehören auch besonders vulnerable Bevölkerungsgruppen wie Frauen, Jugendliche, Indigene oder Afroamerikaner*innen. Diese Menschen haben nur einen eingeschränkten Zugang zu Bildungsangeboten. Sie erfahren Diskriminierung und Ausgrenzung aufgrund von Armut, ihrem Engagement im Bereich Umwelt und Menschenrechte, ihrer ethnischer und sozialer Merkmale oder ihrer sexuellen Orientierung. Die Kurse stärken ihre Partizipationsmöglichkeit in Kirche und Gesellschaft und fördern ein selbstbestimmtes Leben.
Aktivitäten akademisches Bildungsprogramm
Die Partner UBL, CTE, AETE und SASP bieten verschiedene Ausbildungsgänge an, die mit einem Diplom, dem «Bachillerato», dem Lizentiat oder gar Master abgeschlossen werden können. Alle Bildungseinrichtungen lehren kontextuelle befreiungstheologische Theologien (siehe Kasten Partnerorganisationen). Die UBL bietet ein umfassendes virtuelles Theologiestudium mit einem staatlich anerkannten Abschluss (Lizentiat in Bibelwissenschaften oder Theologie) für Studierende aus ganz Lateinamerika. Eine Vertiefung mit einem Masterstudien zu Religion, Gender und Diversität oder zu Theologie und Interkulturalität in Zusammenarbeit mit der Nationalen Universität UNA ist möglich.
Die CTE bietet ebenfalls ein umfassendes virtuelles und hybrides Theologiestudium in Santiago und Concepción an. Dank einer Vereinbarung mit der Pontificia Universidad de Valparaiso können die Studierenden ein staatlich anerkanntes Lizentiat erlangen.
Bei AETE fördert Mission 21 das Grundstudium in Bibel und Theologie, welches auch Module am DEI und am Zentrum Martin Luther King in Kuba beinhaltet. Diese Kooperation erweitert den Horizont der Teilnahmenden und gibt ihnen die Gelegenheit sich unterschiedliche Methoden der kritischen Bibelauslegung anzueignen.
Das SASP ist eng verknüpft mit der UBL und ermöglicht Studierenden ein Grundstudium in Bibel und Theologie. Dabei achtet das SASP besonders auf die pädagogische Vermittlung und Begleitung von Studierenden, da diese oft aus sehr konservativen Kirchen kommen. Besonders interessierte Studierende können dank einer Vereinbarung mit der UBL das Studium fortsetzen und einen staatlich anerkannten Titel erlangen.
Während der akademischen Ausbildung bei unseren Partnerorganisation vollziehen die Studierenden in der Regel einen Transformationsprozess. Dieser äussert sich darin, dass die Studierenden ihre bisherigen oft konservativen theologischen Ansichten hinterfragen und die Theologie in ihrem gesellschaftlichen Kontext entdecken. Die Bildungseinrichtungen ermöglichen ihren Studierenden, sich mit Tabuthemen in kirchlichen und theologischen Ausbildungskreisen zu befassen wie beispielsweise Gendergerechtigkeit, Sexualität, Feminismus und die latente und schmerzliche Realität der Gewalt gegen Frauen.
Aktivitäten niederschwellige Bildungsangebote
Bei den niederschwelligen Bildungsangeboten unterstützt Mission 21 zum Beispiel im DEI den sozio-theologischen Workshop. Dieser bietet den Teilnehmenden die Möglichkeit Mechanismen von Gewalt, Diskriminierung und Ausbeutung von Mensch und Umwelt in Lateinamerika zu analysieren und daraus Impulse für das eigene Engagement abzuleiten. Der Workshop macht verstärkt auch mentale Gesundheit und Self Care zum Thema. Sich in einem Umfeld von Gewalt oder politischer Repression zu engagieren, zerrt an den Kräften und bringt Menschen an ihre Belastungsgrenzen.
Bei AETE unterstützt Mission 21 neu Kurse zu Gewaltprävention in lokalen konservativen Kirchgemeinden im Norden und Süden Limas, Chiclayo und Cajamarca. Dazu setzt AETE bewusst auf Workshopleitende, die mit dem religiös-kirchlichen Kontext vertraut sind und von Pfarrpersonen respektiert werden. AETE leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Prävention und Enttabuisierung von Gewalt gegen Frauen in Kirchen und vermittelt bei Bedarf auch professionelle Hilfe für von Gewalt Betroffene.
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