Interview mit Pfarrer Tut Mai Nguoth über die Friedensentwicklung im Südsudan

Pfarrer Tut Mai Nguoth, Vizedirektor der Entwicklungsorganisation PRDA (Presbyterian Relief and Development Agency) im Südsudan

Was sind die Folgen des Bürgerkriegs im Südsudan?

Die Menschen mussten fliehen. Die Landwirtschaft liegt brach, auch wegen häufigen Überschwemmungen. Das Einzige, was die Menschen noch an Essbarem finden, sind oft nur Seerosen und Gras. Auch das Schulsystem ist komplett zusammengebrochen. Sogar in unsere Traditionen ist der Krieg vorgedrungen. Heiratswillige Männer umwerben die Frauen heutzutage, indem sie ihnen ihre Gewehre und Munition präsentieren. Es herrscht eine Kultur des Krieges. Viele Kinder spielen mit Gewehren. Sie kennen nichts anderes als Krieg. Schon 10-jährige Mädchen werden vergewaltigt!

Was macht Ihre Entwicklungsorganisation PRDA?

Wir leisten ganz konkrete Nothilfe im Südsudan und in den Vertriebenenlagern der angrenzenden Länder. Wir bringen den Menschen Reis, Decken und Moskitonetze. Zudem sind wir in den Bereichen Gesundheit, Landwirtschaft und Bildung aktiv. Es ist besonders wichtig für uns, dass Menschen mit unterschiedlichem ethnischem Hintergrund in unseren Programmen aufeinandertreffen. Denn Frieden wird durch Verständigung geschaffen. Beispielsweise bauen wir Schulen wieder auf. Dort lernen und spielen nun Kinder miteinander, die durch den Krieg verfeindeten ethnischen Gruppen angehören. Sie merken so, dass wir alle gleich sind. 

Wie haben Sie den Krieg persönlich erlebt?

2012 nach meinem Uniabschluss zog ich voller Freude mit allen Habseligkeiten zurück in meinen Heimatort. Ich freute mich, dort würde ich arbeiten und mit meiner Familie leben. Doch alles wurde zerstört. Während 15 Jahren habe ich Bücher gesammelt, sie sind verbrannt mit meinen restlichen Sachen. Meine Frau und meine sechs Kinder müssen heute in Nairobi leben. Es ist viel zu gefährlich zurückzukehren. 

Warum geben Sie den Traum vom Frieden nicht auf?

Auch wenn die Situation momentan fragil ist, gebe ich die Hoffnung nicht auf, denn: Erstens bin ich festen Glaubens, dass Gott uns begleitet. Zweitens sind wir weder das erste noch das letzte Land der Erde, das um Frieden ringt. Andere Länder haben es auch geschafft und so werden auch wir es schaffen! Drittens ist die Wurzel des Problems doch nur ein Missverständnis. Wir können den Hass wieder vertreiben. Wir können wieder lernen, miteinander zu essen, zu sprechen, zu gehen. Viertens macht mir die Unterstützung unserer Freunde weltweit Mut. Wenn wir unsere Kräfte vereinigen, können wir Frieden sichern.

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