Am Donnerstag, 14. Juni tagte die Kontinentalversammlung Europa (KVE) im Grossratsgebäude in Aarau. Die KVE soll wie die Kontinentalversammlungen von Mission 21 in Afrika, Lateinamerika und Asien die Ebene der Kirchen in der Schweiz und Europa als Partner von Mission 21 einbeziehen. Dabei wurde eine wichtige Statutenänderung verabschiedet: Um das Gremium zu verjüngen, werden neu drei Jugenddelegierte aufgenommen, von denen einer jünger als 35 Jahre alt sein muss. Gewählt wurde als erste Jugenddelegierte Magdalena Rieder. Als weitere neue Vorstandsmitglieder wurden gewählt Barbara Hirsbrunner (Graubünden) und Pascal Bazell (St. Gallen).
Der öffentliche Teil am Nachmittag widmete sich der Veränderung der Welt durch Migration. Das Referat zum Thema hielt führende Zukunftsforscher Dr. Andreas M. Walker. „Ein Standardreferat über die Zukunft der Welt durch Migration gibt es nicht“, sagte Walker gleich zu Beginn. Die komplexe Situation der globalisierten Gegenwart (und Zukunft) vergleicht er mit einem Mobile, wo gleichzeitig an ganz unterschiedlichen Orten sehr vieles in Bewegung ist: „Wir können zurzeit beobachten, dass es zahlreiche sogenannte Megatrends gibt, welche für die Zukunft prägend sind – davon ist die Migration nur einer.“ Andere Beispiele für Megatrends sind die immer höhere Lebenserwartung oder die Digitalisierung.
Junge Männer ohne Perspektiven
Entsprechend differenziert ging Walker auch an die Präsentation heran: Anstatt ein mögliches Szenario vorzustellen, wagte er 10 unterschiedliche Ausblicke, inwiefern Migration die Zukunft prägt. Zum Beispiel werde der Umgang mit jungen Männern ohne Perspektiven immer wichtiger – denn es ist vor allem diese Bevölkerungsgruppe, die migriert. Das habe unter anderem mit den zahlreichen selektiven Abtreibungen vor allem in China und Indien zu tun, die den weiblichen Anteil an der Gesamtbevölkerung an manchen Orten bereits um fast 20 Prozent reduziert hat. „Wenn so viele junge Männer unterwegs sind, kommt es zwangsläufig zu Gewalt“, ist Walkers ernüchternde Prognose.
Auch seine anderen neun Ausblicke machen deutlich, wie komplex die Migrationssituation ist, wie weitreichend ihre Konsequenzen – und dass dringender Handlungsbedarf besteht. Dennoch plädiert er dafür, aus einer Perspektive der Hoffnung zu handeln anstatt aus einer Perspektive der Angst: „Diese Angst vor Veränderungen und das ausgeprägte Sicherheitsbedürfnis ist etwas typisch schweizerisches und deutsches“, sagt er – „dabei wären christliche Tugenden ja eigentlich vielmehr die Hoffnung und Furchtlosigkeit.“
Nach einer kurzen Kaffeepause hatten die Jugenddelegierten von Mission 21 Richard Offei (Ghana) und Halim Pratama (Indonesien) die Chance, auf die verschiedenen Thesen von Walker mit einer Replik aus der Sicht ihres jeweiligen Kontexts zu antworten.
Insgesamt war es ein sehr spannender Nachmittag, der auch nachdenklich stimmte – und einmal mehr verdeutlichte, wie wichtig Solidarität und die gemeinsame Suche nach internationalen Lösungen ist.