Vor 40 Jahren reiste die Lehrerin Gisela Fankel im Auftrag der Basler Mission für einen Einsatz als Religionspädagogin nach Kamerun. Ihre Erfahrungen aus jener Zeit und die Einschätzung ihrer Tätigkeit im Rückblick hat sie nun im Buch «Vier Jahre unter dem Wellblechdach» veröffentlicht.
«Sehnsucht nach neuen Erfahrungen, Suche nach echter Herausforderung und Neugierde auf andere Menschen und den eigenen Umgang mit den Herausforderungen sowie Abenteuer- und Reiselust» waren für die damals 36-jährige Realschullehrerin Gisela Fankel aus Heidelberg wichtige Motive, im Sommer 1984 für die Basler Mission als Religionspädagogin nach Kamerun zu reisen. Aber, so schreibt sie im Vorwort ihres Buches, sie wollte auch Entwicklungshilfe in der Praxis kennenlernen, um später im Unterricht in Deutschland glaubwürdig darüber sprechen zu können.
Ihre Erfahrungen hat Gisela Fankel nun im Buch «Vier Jahre unter dem Wellblechdach» zusammengetragen. Was den rund 150-seitigen Band sehr lesenswert macht, ist die Kombination aus den zeitgenössischen Berichten – den «Rundbriefen», die Gisela Fankel an die Basler Mission sandte – und der Texte der Autorin aus heutiger Perspektive. Sie beschreibt unter anderem Reisen, die sie Jahrzehnte nach ihrem Einsatz wieder nach Kamerun unternahm und reflektiert über Unterschiede und Entwicklungen in ihrem früheren Einsatzgebiet.
Interkulturelle und interreligiöse Horizonterweiterung
Während ihrer Einsatzzeit arbeitete Gisela Fankel als Religionslehrerin an etwa 25 Schulen rund um Bamenda, der Hauptstadt der englischsprachigen Nordwestprovinz. Das für den Religionsunterricht zuständige Team hielt auch Ausbildungskurse für die Unterrichtenden ab und entwickelte gemeinsam mit dem Teamleiter, einem Jugendpfarrer, einen Lehrplan, der noch heute Basis des Religionsunterrichts bildet. Diese Teamarbeit und der Kontakt mit den Schülerinnen unterschiedlicher Altersstufen und sozialer Herkunft schildert Gisela Fankel als sehr bereichernd und horizonterweiternd.
Das Buch trägt den Untertitel «Als Singlefrau in Afrika» und ein Kapitel widmet sich besonders diesem Thema. Hier schildert sie ihre Erfahrungen, dass es einen grossen Unterschied machte, ob man als Familie einen Auftrag in der Entwicklungszusammenarbeit ausführte oder als Singlefrau. Gisela Fankel beobachtet genau, dass sie als allein im Einsatz stehende Frau auch zähen Widerstand überwinden musste. Sie erträgt in diesem Kontext auch schlechtere Arbeits- und Wohnbedingungen als männliche Einsatzleistende, die oft mit ihren Familien anwesend sind.
Im Kontrast zu den Einblicken in die patriarchal geprägten Gesellschaftsstrukturen der 1980er-Jahre stehen Fortschritte, die sie bei ihren späteren Reisen festhält. Zum Beispiel, dass in der presbyterianischen Kirche nun mehr Frauen ordiniert und als Pfarrerinnen tätig waren. Gisela Fankel lernte auch eine alleinstehende Pfarrerin kennen, die sie sehr beeindruckend fand – und stellet fest, dass diese auch rund 30 Jahre nach ihrer Tätigkeit in Kamerun eine Ausnahmeerscheinung war.
Beziehungen auf Augenhöhe
Die Begeisterung der Autorin für die Menschen, die sie in Kamerun kennen und lieben lernte, kommt sehr schön in ihren Schilderungen einer Begegnungsreise zum Ausdruck, die sie 2007 auf Einladung von Mission 21 (welche die Projekte der Basler Mission in Kamerun weiterführt und weiterentwickelt) unternehmen konnte, sowie auf einer weiteren Reise 2015. Sie beschreibt die Begegnungen mit ihrem damaligen Vorgesetzten und mit weiteren Weggefährt*innen ihrer Einsatzzeit berührend und mit viel Wärme. Und sie registriert mit grossem Bedauern die Gefühle der Unterdrückung der englischsprachigen Minderheit, die sich seit ihrer Einsatzzeit verschärft haben.
Zahlreiche Fotos aus dem persönlichen Fundus von Gisela Fankel illustrieren das Buch. Sie zeigen zu einem grossen Teil Begegnungen mit Menschen, Unterrichtssituationen, Gruppen aus der Jugendarbeit, Mitarbeitende und viele mehr. Damit geben sie dem Band auch den Charakter eines persönlichen Erinnerungsbuches. In Text und Bild wird spürbar, dass die Autorin ihren Einsatz auf Augenhöhe mit den Menschen in Kamerun verstand und ihre Beziehungen auch heute noch in diesem Sinn und Geist pflegt.
Gisela Fankel: «Vier Jahre unter dem Wellblechdach. Als Singlefrau in Afrika», erschienen 2024; zu beziehen über: www.literareon.de oder direkt bei der Autorin: g-fankel@t-online.de
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