Die Kirche der Geschwister in Nigeria (EYN) ist für Mission 21 eine wichtige Partnerorganisation. Gemeinsam arbeiten wir für Friedensförderung, Bildung und Ernährungssouveränität. Zum 100-Jahr-Jubiläum der EYN reiste Jochen Kirsch, Direktor von Mission 21, nach Abuja, um gemeinsam mit der Kirchenleitung und der Bevölkerung zu feiern und Grüsse aus unserem weltweiten Netzwerk zu überbringen.
100 Jahre ist es her, seit der erste Gottesdienst der EYN in Nigeria unter einem Tamarindenbaum im Ort Garkida gefeiert wurde. Die Kirche der Geschwister in Nigeria (Ekklesiyar Yan’uwa a Nigeria, EYN) entstand 1923 aus der Missionsarbeit der amerikanischen „Church of the Brethren“ (COB). Seit 1959 besteht zwischen der EYN und Mission 21, damals der Basler Mission, eine enge und fruchtbare Partnerschaft.
Grossanlass mit über 5000 Menschen
In mehreren Feiern beging die Kirche mit ihren Mitgliedern an verschiedenen Orten in Nigeria ihr 100-Jahr-Jubiläum. Am grossen Abschlussgottesdienst in der Hauptstadt Abuja am Sonntag, 19. März, nahmen über 5000 Menschen teil, unter ihnen zahlreiche Würdenträger*innen anderer christlicher Kirchen aus Nigeria, den «Church of the Brethren» aus Ruanda, Burundi, der DR Kongo sowie eine Delegation aus den USA. Auch der Vizepräsident Nigerias, Yemi Osinbajo, liess ein Grusswort überbringen.
Festpredigt von Jochen Kirsch
Als Vertreter von Mission 21 reiste Direktor Jochen Kirsch nach Abuja. Ihm kam die ehrenvolle Aufgabe zu, im Gottesdienst die Festpredigt zu halten. Im Anschluss an die Predigt verlas er ein Grusswort von ehemaligen Mitarbeitenden, die im Auftrag der Basler Mission und von Mission 21 im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte in Nigeria gelebt und gearbeitet haben, kündigte deren Spende für die humanitäre Hilfe von Mission 21 in Nigeria an und übergab dem Präsidenten der EYN im Namen von Mission 21 und der Basler Mission einen Baum, zum Zeichen der Verwurzelung und des Wachstums der Kirche in Nigeria und als Sinnbild für Schutz und Nahrung für alle Menschen, die dessen bedürfen.
Mission 21 unterstützt Friedensförderung
Mission 21 setzt sich in Nigeria schwerpunktmässig für die Friedensförderung und für die Sicherung von Lebensgrundlagen ein. Wir unterstützen die Bevölkerung mit zahlreichen Projekten in den Bereichen Bildung, Gesundheitsförderung, Ernährungssouveränität sowie humanitäre Hilfe.
Dass die Friedensförderung und die Sicherung von Lebensgrundlagen im Zentrum stehen, ist der Situation im Land geschuldet: Die dschihadistische Miliz Boko Haram hat im Nordosten Nigerias durch jahrelangen Terror unbeschreibliches Leid verursacht. Die Krise hat bislang weit über 40‘000 Opfer gefordert. Rund 2,5 Millionen Menschen aus Nordnigeria wurden gemäss UNHCR intern vertrieben.
Projekte für Bildung und Ernährungssouveränität
Seit Mitte der 1980er Jahre wird Nigeria von einer anhaltenden schweren Wirtschaftskrise heimgesucht. Vor diesem Hintergrund fehlt nicht zuletzt im Gesundheits- und Bildungsbereich ein ausreichendes staatliches Angebot. An vielen Orten füllen Kirchen diese Lücken, und so wurde auch die EYN zu einem wichtigen Teil des nigerianischen Sozialsystems.
Heute ist die Kirche in verschiedenen Arbeitsgebieten tätig und wird in unterschiedlichen Bereichen von Mission 21 unterstützt. Unter anderem auch im Bereich Bildung und Ernährungssouveränität, auf den unsere diesjährige Kampagne fokussiert.
Die Aktivitäten umfassen zudem theologische Ausbildungsstätten und die Stärkung von und Weiterbildung für Frauen. Zudem unterstützt Mission 21 die EYN in ihrem interreligiösen Dialog mit der muslimischen Bevölkerung Nigerias als Teil der Friedensförderung.
Networking vor Ort
Nach seiner Reise ordnet Mission-21-Direktor Jochen Kirsch seine Eindrücke ein: «Auch wenn die Zeit in Nigeria leider nur kurz war, habe ich mich sehr gefreut über diese Gelegenheit, nach langer Abwesenheit (zuletzt 2015) wieder vor Ort zu sein», sagt er.
«Neben der Teilnahme am Jubiläumsgottesdienst bot mir die Zeit in Abuja auch die Gelegenheit zu Treffen mit wichtigen aktuellen oder zukünftigen Partnern in Nigeria wie den Botschaften der Schweiz und Deutschlands, dem Dachverband christlicher Kirchen in Nigeria, dem katholischen Erzbischof oder dem Hohen Rat für Islamische Angelegenheiten.»
Lange Schlangen vor Banken und Tankstellen
Aus Sicherheitsgründen war der Besuch auf die Hauptstadt Abuja beschränkt. Er habe die Sicherheitslage in Abuja als ruhig erlebt, obwohl erst vor kurzem umstrittene Präsidentschaftswahlen stattgefunden haben. Deutlich wahrnehmbar seien indes die wirtschaftlichen Schwierigkeiten gewesen, so Kirsch: «Bereits auf der Fahrt vom Flughafen fielen mir die grossen Schlangen vor Banken, Geldautomaten und Tankstellen ins Auge sowie eine Unzahl von Jugendlichen, die entlang der Strassen Benzin zweifelhafter Qualität aus Kanistern zu horrenden Preisen verkaufen. Der Hintergrund ist ein nach wie vor eklatanter Mangel an Bargeld, nachdem mit der Einführung der neuen Naira-Noten Ende Januar die bisherigen Noten kurzfristig nicht mehr als gültiges Zahlungsmittel anerkannt wurden.»
Staunen über die Kraft der Menschen
«Der wirtschaftliche Druck auf die Haushalte in einer vielfach ohnehin bereits prekären Situation ist enorm», berichtet Jochen Kirsch. «Dennoch bleibt es in der Bevölkerung insgesamt relativ ruhig. Ich bin erschüttert, wie die Reihe von Missständen und Krisen im Land kein Ende zu nehmen scheint. Gleichzeitig stelle ich mir vor, was ein solches finanzielles Missmanagement in anderen Ländern wie etwa der Schweiz oder Deutschland auslösen würde. Und ich staune einmal mehr über die enorme Resilienz dieser von so viel Leid schwer gebeutelten Menschen in Nigeria.»
Mission 21 bleibt weiterhin an der Seite dieser Menschen und setzt sich für ein Leben in Würde für alle ein.
Text: Miriam Glass, Fotos: Yakubu Joseph